Landkreis: Konstanz
Gemeinde: Stadt Radolfzell
Gemarkung: Stadt Radolfzell
Naturraum: Bodenseebecken
NSG: 1984
NATURA 2000: Radolfzeller Aach und Mettnau
Größe: 140 Hektar
Top. Karten: 8219 Singen (Hohentwiel), 8220 Überlingen-West
Die Halbinsel Mettnau erstreckt sich auf 3,5km Länge und max. 800 m Breite in südöstlicher Richtung in den Untersee. Die ca. 180 ha große Halbinsel teilt den nordwestlichen Untersee in den Gnadensee und Zeller See. Form und Untergrund der Halbinsel sind Reste der vergangenen Eiszeit. Nach dem Zurückweichen der Gletscher entstand durch Sedimentation tonreicher Ablagerungen (Bändertone) letztendlich die Mettnau in ihrer heutigen Ausdehnung. In Zusammenhang mit den rezenten Wasserstandsschwankungen des Alpenrheins entstanden standörtliche Rahmenbedingungen, die Grundlage für die aktuelle artenreichen Pflanzen- und Tierwelt ist.
Die besondere naturschutzfachliche Bedeutung der Halbinsel Mettnau kommt durch die sehr frühe Unterschutzstellung (1926 durch die Stadt Radolfzell, 1930 Badischer Staat, 1938 Eintrag ins
Reichsnaturschutzbuch) zum Ausdruck. Die heutige Größe erhielt das Naturschutzgebiet allerdings erst unter Einbeziehung der vorgelagerten Flachwasserzonen im Zuge einer Schutzgebietserweiterung,
die in der Verordnung von 1984 festgelegt ist.
Großflächige Streuwiesen (Duftlauch-Pfeifengraswiesen) in Kontakt zum Kopfbinsen-Ried mit ausgedehnten Beständen von Mehlprimel (Primula farinosa), Schlauch- und Lungenenzian
(Gentiana utricolosa, Gentiana pneumonanthe) sowie zahlreichen Orchideenarten wie Weiße Sumpfwurz (Epipactis palustris), die zwei Händelwurz-Arten (Gymnadenia conopsea,
Gymnadenia odoratissima) und Fleischrotes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) belegen die herausragende floristische Bedeutung der Streuwiesen auf der Mettnau.
Den Pfeifengraswiesen seeseitig vorgelagert ist ein breites Band von Uferschilf-Röhrichten. Kleinflächig kommen am Nordufer Bestände vom Schmalblättrigen Rohrkolben (Typha angustifolia)
vor. Bemerkenswert sind die Vorkommen vom gefährdeten Sumpfkreiskraut (Senecio paludosa). Im Südteil der Mettnau dominieren großflächige Steifseggenriede, in denen auf glazialen Kiesrücken
Hartholzauenwäldern stocken. Die Wälder setzen sich aus Stiel-Eichen, Eschen, Bergahorn und Ulmen zusammen, die forstlich nie genutzt werden und somit Urwälder darstellen.
Die Strandrasen-Gesellschaften auf kiesigen Uferabschnitten stellen eine floristische Besonderheit dar. Der Strandling (Littorella uniflora) bildet im südwestlichen Teil der Halbinsel artenarme, rasenartige Bestände. Ufer Hahnenfuß (Ranunculus reptans) und Einzelvorkommen des Bodensee-Vergißmeinichts (Myosotis rehsteineri) sind in dieser Gesellschaft zu finden. Letztere Art, ein Endemit, der weltweit fast nur am Bodensee vorkommt, wurde auf der Mettnau in den letzten Jahren wieder eingebürgert.
Die große Spannbreite an Lebensräumen schlägt sich in einer artenreichen Vogelwelt nieder. 90 Brutvogelarten konnten im Zeitraum zwischen 1982 und 2002 auf der Mettnau nachgewiesen werden, darunter: Schwarzhalstaucher, Zwergtaucher, Haubentaucher, Kolbenente, Schnatter-, Reiher- und Tafelente, Drosselrohrsänger und Wasserralle. Für die Zwergdommel, Moorente und Knäkente liegen für 2002 Brutverdacht vor. Vereinzelt brütet der Kiebitz noch auf den Streuwiesen, während die Bekassine in den 90er Jahren bereits ausgestorben ist.
Vor allem für bodenbrütende Entenarten stellen die Ententeiche östlich der Strandbadstraße ein wichtiges Bruthabitat dar. Durch Wasserrückstau im Rahmen von Erdbauarbeiten entstanden und nachträglich noch erweitert, können hier Kolbenente, Reiher-, Tafelente aber auch Wasserralle und Graureiher beobachtet werden.
Seitdem die Südbuchten für den Bootsverkehr gesperrt sind, hat sich die Mettnau zu einem wichtigen Mauserplatz entwickelt. So nutzen Blässhühner, Reiherenten und Schnatterenten alljährlich die gesperrten Schilfbuchten als Ruhezonen. Später im Jahr bilden die Flachwasserzonen der Halbinsel für zahlreiche Vogelarten Rastplatz und Durchzugsgebiet von internationaler Bedeutung. Größere Massenansammlungen bilden Blässhuhn, Reiherente, Tafelente, Schnatterente und Kolbenente. Letztgenannte Art erreicht allein im Winter Dichten bis zu 4000 Individuen (50.000 ist der Gesamt-Winterbestand am Untersee).
In direkter Nachbarschaft zum Naturschutzzentrum Mettnau befindet sich die Fangstation der Staatlichen Vogelwarte Radolfzell. Seit 30 Jahren werden hier im Rahmen eines Monitoringprogramms (Mettnau-Reit-Illmitz-Programm) Singvogelarten während des Herbstzuges gefangen und beringt. Praktischer Naturschutz und Wissenschaft sind so auf der Mettnau eng verwoben.
as Jahrhunderthochwasser 1999 stellte für bestimmte Arten der Tagfalterfauna eine einschneidende Zäsur dar. Alle drei in der Region vertretenen Ameisen-Bläulinge kamen früher auf den Streuwiesen der Mettnau vor und gelten aktuell als verschollen. (Krißmann hat im RAR Wiederansiedlungen durchgeführt, nicht auf der Mettnau.) Als weitere Vertreter der Wirbellosenfauna sind die Laufkäferarten Agonum hypocrita, Platynus livens, Platynus longiventris und Pterostichus gracilis zu erwähnen. Innerhalb der Gruppe der Spinnen sind exemplarisch die Arten Pirata piscatorius und Gnaphosa nigerrima erwähnenswert.
Fledermäuse sind im Gebiet durch Abendsegler, Zwergfledermaus, Graues Langohr, Zweifarbfledermaus und Rauhhautfledermaus vertreten. Bemerkenswert ist die Rauhhautfledermaus, die auf der Mettnau im Herbst Paarungsquartiere bezieht, die bis zu 1000 km entfernt von den nächstgelegenen Wochenstubenarealen im nördlichen Europa liegen.
Für das Gebiet liegen Pflege- und Entwicklungspläne vor, die die Naturschutzverwaltung umsetzt. Die Pflegemaßnahmen werden vom ansässigen NABU-Naturschutzzentrum und von Landwirten durchgeführt. Die Streuwiesen mit Enzianvorkommen verlangen eine späte Herbstmahd. Auf Teilflächen werden mit Hilfe von Ziegen und Hinterwälder-Rindern die Flächen freigehalten.
Im Rahmen des EU-Förderprojektes „Untersee life“ wurden ehemalige Streuwiesen großflächig entbuscht und damit der Lebensraum für gefährdete Streuwiesenarten wesentlich erweitert.
Dr. Wolfgang Hochhardt
Literaturhinweis:
BERTHOLD P., MÜHL K., SCHUSTER S. (1979): Halbinsel Mettnau.- Geschichte – Natur – Landschaft. Radolfzell: 64 S.
FIEDLER, W. (1998): Paaren – Pennen – Pendelzug: Die Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) am Bodensee. Nyctalus
(N.F.). Heft 5: 517-522.
Besucherhinweis: Untersee life hat in den Projektjahren 1999 bis 2004 die Öffentlichkeitsarbeit auf der Mettnau wesentlich intensiviert. Zwischen Markelfingen und der Halbinsel Mettnau wurde ein Informationspfad errichtet, den Sie ab dem Parkplatz Mettnau-Südbrücke erreichen. Auf zahlreichen, z.T. interaktiven Tafeln finden Sie illustrierte Informationen zu den vielfältigen Lebensräumen sowie Tier- und Pflanzenarten der Mettnau. Zwei Aussichtsplattformen bieten Aussicht und Beobachtungsmöglichkeiten auf den Untersee. Endpunkt ist der Mettnau-Aussichtsturm, von dem Sie abschließend eine gute Übersicht über die vielfältigen Lebensräume des Schutzgebietes erhalten. Weitere Informationen zur NSG Halbinsel Mettnau erhalten Sie über eine Life-Broschüre, Life-Faltblatt sowie eine CD, die die Lebensräume im Gebiet von Untersee life beschreiben und die durchgeführten Maßnahmen dokumentieren. Diese Informationen können über die Touristinformation, die Gemeinde Radolfzell, die Naturschutzverwaltung (BNL) oder direkt vor Ort am NABU-Naturschutzzentrum Mettnau (auf dem Weg zum Mettnauturm) erworben werden.